Was ist eine Scanner-Persönlichkeit und woher weißt Du, ob Du eine bist?

Neulich habe ich jemanden im Gespräch ziemlich überrascht, als ich nämlich sagte: Eigentlich langweile ich mich nie. Beim näheren Nachdenken merke ich, wie wahr das ist. Denn: Eigentlich habe ich gar keine Zeit, mich zu langweilen. Das hat zwei Gründe, nämlich 1. sehr wenig (freie) Zeit und 2. sehr sehr SEHR sehr viele Interessen. (Dass ich, obwohl ich mich nie langweile, trotzdem gefühlt nicht allzu viel geschafft bekomme, ist leider dennoch wahr.)

Diese vielen Interessen zeigen sich zum Beispiel daran, wie viele Bücher sich bei mir stapeln, zu den unterschiedlichsten Themen. Wenn mich etwas Neues fesselt, will ich ALLES darüber wissen. Inzwischen weiß ich, dass ein Interesse schnell wieder verflogen sein kann (schnell kann mehrere Wochen bedeuten, ein halbes Jahr, vielleicht auch mal zwei Jahre, selten länger). Trotzdem kann ich nicht anders, ich MUSS mich dann einarbeiten, muss jede wache Minute damit zubringen und viel Geld für Online-Kurse und Bücher ausgeben. Und für Zubehör. Denn was ist ein neues Hobby wert, wenn man nicht erstmal neues Zubehör kaufen kann?!

Auch zeigt es sich daran, dass ich manchmal so komisch angeguckt werde, wenn ich mich zu einem Thema zu Wort melde. Der Blick besagt dann „ja klar, die wieder“. Oder dass Kollegen kommen und neugierig fragen, was ich denn diesmal mit meinem Urlaub anstelle oder womit ich mich gerade beschäftige. Dann höre ich manchmal so was wie „toll, was du alles schaffst!“, aber auch „so viel Zeit hätte ich auch gerne!“ 🤷🏻‍♀️

Aber was ist eigentlich eine Scanner-Persönlichkeit?

Scanner sind eigentlich gar nicht so selten, aber vielen wird diese Eigenschaft schon als Kind eher aberzogen als wertgeschätzt. Man geht wohl davon aus, dass wir besser Spezialisten sein sollen als Generalisten. Dass man eine Nische braucht, um erfolgreich zu sein. Uns wird vermittelt, dass wir mal was durchziehen müssen, dass wir dranbleiben sollen. Sicher ist da auch was dran – wer immer nur Dinge beginnt, sie aber niemals abschließt, wird schließlich auch unzufrieden und erfährt weder Erfolg noch die Zufriedenheit, die sich einstellt, wenn man etwas geschafft und erarbeitet hat.

Aber: Wer gezwungen wird (oder sich vielleicht auch nur so fühlt), an einer Tätigkeit festzuhalten, nur weil er sie irgendwann mal angefangen hat, die ihm aber schon längst keine Freude mehr macht, der brennt aus, der verliert Spaß und Zufriedenheit. Wichtig ist für Scanner, dass sie Freude haben – sonst fehlt auch der Schwung für die Tätigkeiten, die halt gemacht werden müssen, Freude hin oder her.

Allgemein gesprochen, zeichnen sich Scanner-Persönlichkeiten durch die Vielzahl ihrer Interessen aus und dadurch, dass sie Feuer und Flamme für ein Thema sind, nur um sich nach einer Weile mit genau demselben Enthusiasmus einem neuen Thema zuzuwenden und das alte links liegen zu lassen. Sie sind also sehr begeisterungsfähig und lernbegierig, neugierig und interessiert (häufig auch interessant), jedoch können sie sprunghaft wirken und

Wer hat’s erfunden?

Ob sie den Begriff erfunden hat, weiß ich nicht, auf jeden Fall hat sie ihn aber bekannt gemacht: Barbara Sher, deren Buch „Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast“ meistens als erstes erscheint, wenn man nach Literatur über Scanner-Persönlichkeiten sucht.

Sie hat auch festgestellt, dass es zwei unterschiedliche Untertypen gibt (die sie noch in mehrere Varianten unterteilt), die zyklischen und die sequenziellen Scanner. Wie immer ist es so, dass die meisten von uns Anteile von beiden in sich tragen, von denen vielleicht der eine etwas mehr ausgeprägt ist als der andere.

Unter zyklischen Scannern versteht man solche, die mehrere übergeordnete Themen verfolgen und immer wieder zu ihnen zurückkehren. Bei mir war Yoga lange so ein Thema – beim ersten Kontakt mit dem Yoga in einem VHS-Kurs vor vielen Jahren war ich völlig hin und weg. Ich blieb jahrelang dem Kurs treu, las Bücher, vertiefte mich in die Asanas und in die Philosophie des Yoga. Tatsächlich ist Yoga eines meiner langjährigsten Themenfelder, das sich über die Jahre immer wieder in den Vordergrund schob und auch immer eine ganze Weile dort blieb. Erst in den letzten paar Jahren hat diese wiederkehrende Begeisterung sich nicht mehr gezeigt – ich bin gespannt, ob sie trotzdem irgendwann zurückkehrt.

Sequenzielle Scanner-Persönlichkeiten sind dagegen irgendwann „fertig“ mit dem Thema, für das sie gerade noch brannten. Wenn sie alles gelernt, ausprobiert, erfahren oder herausgefunden haben, was sie daran begeistert hat, sind sie zufrieden und wenden sich einem neuen Interesse zu. Auch bei ihnen ist es aber durchaus vorstellbar, dass die meisten ihrer Interessen einen (zumindest lockeren) inhaltlichen Zusammenhang aufweisen. So habe ich letztes Jahr zum Beispiel einen Kurs über Human Design gemacht, bin mit meinem Wissensstand aber im Moment ganz zufrieden und habe aktuell keinen Bedarf, tiefer einzusteigen.

Und wie kannst Du erkennen, ob Du selbst eine Scanner-Persönlichkeit bist?

Da Du bis hierher gelesen hast und überhaupt auf diesem Artikel gelandet bist, liegt, glaube ich, die Vermutung nahe, dass Du selbst eine Scanner-Persönlichkeit sein könntest.

Folgende Eigenschaften können Anhaltspunkte dafür sein, dass Du ebenfalls Scanner bist:

  • Du bist sehr neugierig und hast viele unterschiedliche Interessen. Die Inspiration kann jederzeit zuschlagen und aus jeder möglichen Richtung kommen. Und manchmal fühlt es sich eher so an, als würden die Themen DICH finden, nicht umgekehrt.
  • Aber Du verlierst auch immer wieder das Interesse an einem Thema. Wenn Dir die Puste ausgeht und es mühsam wird, dranzubleiben, ist es Zeit für Dich, dem Thema auf Wiedersehen zu sagen – wenigstens für eine Weile. Gerade auch, wenn man Geld in ein neues Hobby gesteckt hat, kann das nerven und ein bisschen schmerzen, aber diesen Kosten auch noch Lebenszeit hinterherzuwerfen, um Dich mit etwas zu beschäftigen, für das Du nicht mehr brennst, ist noch viel teurer.
  • Wahrscheinlich hast Du als Kind öfter gehört, dass Du auch mal was „zuende bringen“ oder „dranbleiben“ musst. Vielleicht hörst Du das auch heute noch manchmal. Okay, wenn Dir Deine Eltern gerade erst einen teuren Tennisschläger gekauft hatten, kann man verstehen, dass sie nicht damit einverstanden waren, wenn Du gleich wieder aussteigen wolltest. Und sicher muss man als Kind auch lernen, dass man manche ungeliebten Tätigkeiten nicht sofort loswerden kann, wenn einem danach ist. Aber heute bist Du (nehme ich an) erwachsen und musst in Deinem Alltag sowieso tausend Dinge tun, die nicht gerade Freude und Spaß machen, die aber trotzdem notwendig sind. Du hast also gelernt, wie das geht – da solltest Du doch wenigstens in Deiner Freizeit die Dinge beenden dürfen, die Dir nichts mehr bringen.
  • Du startest Projekte, von denen Du aber längst nicht alle zum Abschluss bringst. Das wird von anderen manchmal als Problem wahrgenommen oder sie belächeln, dass Du „schon wieder“ etwas Neues anfängst. Dahinter steckt die Erwartung, dass etwas erst dann einen Wert hat, wenn es ein greifbares Ergebnis gibt. Ich sage: Der Weg ist das Ziel. Wenn Du bei Deinem Projekt gelernt und erfahren hast, was für Dich wichtig und interessant war, spielt es keine Rolle, ob Du im landläufigen Sinn auch „fertig geworden“ bist.
  • Manchmal fühlst Du Dich von der Vielzahl Deiner Interessen geradezu überwältigt. Zugegeben, das kenne ich gut. Vor allem in Phasen, in denen sowieso wenig Zeit oder wenig mentale Kapazität verfügbar ist, weiß ich manchmal gar nicht, womit ich anfangen soll. Das lähmt mich, und zum Zeitmangel kommt dann noch eine Art Blockade hinzu. Doppelt blöd ist das, weil mir ja eigentlich die Beschäftigung mit meinen Interessen wiederum Energie GIBT – aber dazu müsste ich ja erstmal Zeit dazu haben.
  • Du bist schnell gelangweilt und hast ein großes Bedürfnis nach Abwechslung. So schnell wie ein neues Thema Dich einfängt, so schnell hast Du es vielleicht auch wieder satt. Allerdings wird das nicht der Fall sein, solange für Dich noch etwas „offen“ ist. Du musst also keine Angst haben, etwas zu verpassen, indem Du zum nächsten Thema springst – denn springen wirst Du erst, wenn Du mit dem Thema durch bist. Allerdings kann auch das auf Deine Mitmenschen sehr unberechenbar und ja, sprunghaft wirken.
  • Du bist gut darin, Ideen zu verknüpfen. Deine unterschiedlichen Interessen bedingen sich oft gegenseitig, und Inspiration in einem Feld kann Ideen in einem anderen nach sich ziehen. Du weißt sehr viel und schaffst es, unterschiedliche Themenfelder miteinander in Verbindung zu bringen. Das ist eine Fähigkeit, die man früher wahrscheinlich mehr zu schätzen wusste als heute, wo man Erfolg eher als Folge von Spezialisierung und Vertiefung in ein Thema versteht. In der Geschichte kennt man sogenannte Universalgelehrte wie zum Beispiel Leonardo da Vinci, deren Kenntnisse in vielen verschiedenen Feldern ihnen erst ermöglichten, bahnbrechende Entdeckungen zu machen.
  • Du bist vielseitig talentiert und kreativ. Es reicht Dir nicht, etwas nur theoretisch zu erfassen, Du möchtest ausprobieren, und oft gelingt Dir mit wenig Übung schon ein recht gutes Ergebnis. Den vielen Input, den Du auf den unterschiedlichsten Kanälen aufnimmst, verarbeitest Du und machst daraus Output. Vielleicht schreibst Du Tagebuch oder ein Commonplace Book, vielleicht bloggst Du darüber oder hältst Deinen Kollegen Vorträge. So oder so, Dein Wissen und Deine Begeisterung müssen sich Bahn brechen dürfen. Scanner-Persönlichkeit ist man nicht nur in der Aufnahme, sondern auch in der Abgabe von Wissen.
  • Du bist sehr begeisterungsfähig. Wenn Dich etwas Neues inspiriert, gehst Du all in – am liebsten würdest Du den ganzen Tag nur noch über Dein Thema sprechen. Du recherchierst, liest, probierst aus und verschreibst Dich mit Haut und Haar Deiner neuen Leidenschaft. Andere schmunzeln vielleicht, weil es sich so anfühlt, als wärst Du jede Woche neu verliebt. Aber gerade das ist doch das Tolle – wir dürfen uns jede Woche neu verlieben!
  • Du hast eine schnelle Auffassungsgabe und lernst gerne. Lernen ist für Dich keine Qual, sondern macht Dir Freude – vorausgesetzt, Du kannst Dein Thema frei wählen. Hat Dein Thema Dich geschnappt, fühlt sich alles auch gar nicht nach Lernen an, sondern eher wie ein Kennenlernen des interessantesten Menschen, den Du Dir vorstellen kannst.

Hast Du Dich in diesen Punkten wiedererkannt? Schreib mir doch in den Kommentaren, was besonders auf Dich zutrifft (und was nicht)!

2 Gedanken zu „Was ist eine Scanner-Persönlichkeit und woher weißt Du, ob Du eine bist?“

  1. Ja, ja
    , ja und ja und dann auch noch…ja.
    Ich kämpfe seit Jahrzehnten dagegen, weil ich es ja immer allen recht machen wollte (davon zumindest kehre ich so langsam ab).
    Und so hat sich bei mir die Gewohnheit entwickelt, Projekte nur dann anzufangen wenn ich auch sicher sein kann, dass ‚was dabei rauskommt.‘ Das ist durchaus sehr lähmend, richtig.
    Ich habe mich sogar durch eine ganze Doktorarbeit gequält von der ich schon nach sechs Monaten wusste: wir passen eigentlich nicht.
    Das war auch nichts locker-flockiges, sondern Luft- und Raumfahrttechnik.
    Naja zumindest kann ich jetzt sagen ich habe einen PhD in Rocket Science (war auch an einer englischen Uni).
    Ich versuche mich mittlerweile so zu akzeptieren wie ich bin, aber ich finde es ziemlich schwer vor allem beruflich wenn man eben nicht super spezialisiert sein will sondern am liebsten morgens gärtnern und mittags Algorithmen programmieren möchte.

    Viele Grüße aus Luxemburg in die Nähe von Trier!

    1. Wow Conny, wie krass, Luft- und Raumfahrttechnik 😳 Ich glaube, damit hast Du auf jeden Fall die Pflicht auf Lebenszeit erfüllt und darfst Dich jetzt auf die Kür konzentrieren! Und ich drücke die Daumen, dass Du viele tolle Projekte starten wirst, egal ob sie „fertig“ werden oder nicht. Halt mich mal auf dem Laufenden 😊
      Ganz liebe Grüße,
      Stefanie

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